Splenektomie
Die Indikation zur Splenektomie wird zurückhaltend gestellt. Die Leitlinien der American Society of Hematology raten nur zur Splenektomie bei erwachsenen Patienten mit chronischer ITP, die nach 6 Wochen Erstbehandlung unter 10.000/m l Thrombozyten bleiben oder nach 3 Monaten nicht 30.000/m l erreichen. Bei Kindern empfehlen die amerikanischen Leitlinien etwas länger, nämlich 12 Monate zu warten, bevor über die Splenektomie entschieden wird. Operiert wird nach diesen Emfpehlungen auch, wenn die Patienten unter den genannten Grenzwerten liegen und keine Blutungsneigung haben. Die Splenektomie trägt jedoch ein erhebliches Morbiditäts- (10%) und Mortalitätsrisiko (1%). Schwere, septische Infektionen (OPSI-Syndrom = Overwhelming Post-Splenectomy Infection) gefährden die Patienten (1 tödl. Infektion pro 1500 Patienten/Jahr). Man muss ausserdem beachten, dass viele Patienten einen therapiewürdigen Rückfall erleiden, bis zu 2/3 der Erwachsenen innerhalb 5 Jahren nach Splenektomie, aber auch viele der operierten Kinder. Bei bis zu 12% der Patienten werden dann akzessorische Milzen gefunden. Der Nachweis von Howell-Jolly Körperchen in Erythrozyten schließt übrigens nicht aus, dass ein Patient eine akzessorische Milz hat, die für das Therapieversagen verantwortlich ist. Es ist schwierig vorherzusagen, welcher Patient auf die Splenektomie ansprechen wird und welcher nicht. Weder der nuklearmedizinische Nachweis einer vermehrten Sequestration von markierten Thrombozyten in der Milz noch die präoperative Ansprache auf Steroide hat diesbezüglich einen Vorhersagewert. Die Wirksamkeit von Immunglobulinen vor Splenektomie soll jedoch mit der Therapieansprache nach Splenektomie korrelieren. Ein Anstieg der Thrombozyten auf über 150.000/m l in den ersten 3 postoperativen Tagen soll ebenfalls prognostisch sehr günstig sein.
Die Indikation zur Splenektomie bei therapierefraktärer Thrombozytopenie und rezidivierenden Blutungen steht außer Frage. Es gibt jedoch viele Patienten mit Thrombozytenwerten unter 10.000/m l ohne signifikante Blutungsneigung, von gelegentlichen Hämatomen abgesehen. Es erscheint daher vertretbar, die Splenektomie auf Patienten zu beschränken, die eine therapierefraktäre Thrombozytopenie haben und eine bedrohliche Blutungsneigung. Alle anderen therapierefraktären aber nicht oder nur minimal blutenden Patienten sollten an ein erfahrenes Zentrum angebunden werden (Telefonnummer, Ansprechpartner, Blutgruppe), dass im Notfall die Splenektomie ohne Zeitverzögerung eingeleitet werden kann. Da die Splenektomie dann unter Gabe von Immunglobulinen und laufenden Thrombozytenkonzentraten durchgeführt werden muss, kommen in der Regel nur Zentren mit angeschlossener Blutbank in Frage. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, z.B. dass der Patient weit entfernt vom nächsten Krankenhaus lebt, dann muss eine Splenektomie dennoch erwogen werden.
Operationsvorbereitung: es wird empfohlen, vor der Splenektomie durch eine Knochenmarkspunktion die Diagnose noch einmal zusätzlich abzusichern. Alle Patienten sollten - wenn es die Zeit zulässt - 2 Wochen vor der Operation gegen Pneumokokken, Haemophilus influenzae b und Meningokokken geimpft werden. Bei Patienten, die nicht sofort splenektomiert werden müssen, aber für die dieser Eingriff in der Zukunft eventuell notwendig werden könnte, empfiehlt es sich, die Impfungen prophylaktisch bereits durchzuführen.
Bei elektiver Splenektomie gibt man zur Operationsvorbereitung - wenn es die Zeit zulässt - Dexamethason 40 mg/Tag für 4 Tage, wenn der Patient auch früher auf Kortikosteroide angesprochen hatte. Sollte das nicht ausreichen, die Thrombozyten auf >30.000/m l zu heben, dann werden Immunglobuline verabreicht und ggf. die Operation unter laufenden Thrombozytenkonzentraten durchgeführt. Üblicherweise kommt es nicht zu Blutungen, weil rasch nach dem Unterbinden der Arteria lienalis eine ausreichende Hämostase erreicht wird.
Wenn postoperativ die Thrombozytenzahl über 1 Mio/m l ansteigt, dann kann für diesen Zeitraum Acetylsalicylsäure oder niedrig dosiertes Heparin verabreicht werden. Nach der Splenektomie sollte besonders bei Kindern ein Penizillinpräparat längerfristig verabreicht werden.
Eine laparoskopische Entfernung der Milz ist bei entsprechender Erfahrung des Operateurs eine adäquate Alternative. Dabei werden nicht mehr oder weniger akzessorische Milzen übersehen als bei der Standard-Operationstechnik. Bei inoperablen Patienten kommt alternativ eine Milzbestrahlung in Frage und erstaunlich hohe Ansprechraten berichtet. Die partielle Embolisation der Milz stellt bei entsprechender Erfahrung eine weitere alternative Therapieoption dar.